Logistik lexikon

Geofencing

Kurzdefinition

Geofencing bezeichnet das Anlegen eines virtuellen Zauns um einen geografischen Bereich. Betritt oder verlässt ein Objekt (z. B. Lkw, Trailer, Stapler) diese Zone, lösen Systeme automatisch Ereignisse aus – etwa Statuswechsel, Benachrichtigungen oder Workflows. Geofences reichen von metergenauen Indoor-Zonen (z. B. Tor/Regalreihe) bis zu regionalen Arealen (Hafen, Werk, Land).

Funktionsweise & Komponenten

  • Ortungssignale: GNSS/GPS (Outdoor), Mobilfunk/Wi-Fi (Rough-Location), BLE-Beacons/UWB/RTLS(Indoor).
  • Geofence-Formen: Kreis (Radius), Polygon (Werksgelände), Linien-Segmente (Routenabschnitte).
  • Auslöser (Events): Enter, Exit, Dwell (Aufenthalt), Speed/Idling innerhalb der Zone.
  • Systeme: Ereignisse landen in TMS/WMS/YMS/Telematik und stoßen ETA-Updates, Slot-Checks, ePOD-Flows etc. an.

Typische Anwendungen in der Logistik

  • Ankunft/Zugang (Yard, Rampe, Tor): Automatischer Status „am Standort“, Ticket-/Gate-In, Dock-Zuweisung.
  • ETA & Disposition: Rolling ETA bei Zonenübergängen (Stadtgrenze, Autobahnkreuze), automatische Alerts bei Abweichungen.
  • ePOD/Service-Nachweis: Start/Ende der Leistung (z. B. Zustellzone) → ePOD, Fotos, Unterschrift anfordern.
  • Haftzeiten/Standgelder: Dwell-Time in Wartezonen erfassen (Demurrage/Detention, SLA-Reporting).
  • Diebstahl/Abweichung: Alarm bei ungeplanten Zonenwechseln (Trailer verlässt Hof).
  • Indoor-Logistik: Stapler/AMR-Zonen, Sperrflächen, Gefahrstoffbereiche → Sicherheitsstopps/Slow-Downs.

Vorteile

  • Transparenz & Automatisierung: Weniger manuelle Meldungen, feingranulare Statusse.
  • Planungssicherheit: Bessere Rampen- und Personalplanung, weniger Rückfragen.
  • Qualität & Compliance: Revisionssichere Zeit-/Ortnachweise, solide KPI-Basis (OTIF, Wartezeit, Idle).

Grenzen & Genauigkeit

  • GPS-Drift/Bebauung: In Häuserschluchten/Tunneln ungenauer → größere Pufferzonen wählen.
  • Batterie/Datennutzung: Häufige Standortabfragen erhöhen Verbrauch → Hysterese/Abtastraten sinnvoll konfigurieren.
  • Indoor-Herausforderungen: Für hohe Präzision BLE/UWB/RTLS ergänzen.

Datenschutz & Recht (DE/EU)

  • DSGVO-Konformität: Zweckbindung, Datenminimierung, Löschkonzept; transparente Einwilligung/Info.
  • Arbeitsrecht/Betriebsrat: Dienstliche Geräte/Ortung betriebsvereinbaren (Zeitfenster, Granularität, Einsichtsrechte).
  • Sicherheit: Verschlüsselung, Rollenrechte, Audit-Logs.

KPIs & Reporting

  • Anfahr-Pünktlichkeit (OTIF), Dwell-Time je Tor/Zone, Idle-Zeit, ETA-Genauigkeit (MAE/MAPE), No-Show/Fehlfahrt-Quote.

Praxis-Tipps

  1. Zonendesign: Geofence-Größe > doppelte Ortungsungenauigkeit; Ein-/Ausfahrten als Korridor modellieren.
  2. Hysterese & Dwell: Enter erst nach x Sekunden innerhalb der Zone; Exit mit Puffer → weniger Fehltrigger.
  3. Event-Kaskaden: Enter → Gate-In, Dock-Assignment, ETA Freeze; Exit → POD anstoßen, Gate-Out.
  4. Fallbacks: Bei Signalverlust mit letzter guter Position + Zeitfenster arbeiten, Ereignisse nachträglich konsolidieren.
  5. Pilot & Tuning: Mit 2–3 Standorten starten, False Positives messen, Radien/Schwellen iterativ anpassen.

Abgrenzung

  • Geofencing vs. Tracking: Tracking = kontinuierliche Position; Geofencing = Ereignisse beim Zone-Wechsel.
  • Geofencing vs. Geocoding: Geocoding wandelt Adressen in Koordinaten, ohne Events.

Mini-FAQ

Funktioniert Geofencing ohne GPS?

Outdoor nur eingeschränkt. Wi-Fi/Mobilfunk liefern grobe Positionen; Indoor ist BLE/UWB/RTLS der Standard.

Ist Geofencing DSGVO-konform?

Ja – bei klarer Zweckdefinition, Transparenz, minimaler Datenerhebung, Aufbewahrungsfristen und betrieblich geregelten Zugriffsrechten.